green ground Denim Guide

Teil 1: Geschichte und Mythos einer Hose

ein Artikel von Simonne Baur

Die „richtige“Jeans - eine Frage der Wahrnehmung

So universell und so selbstverständlich, dass auch die zumeist blaue Farbe nicht mehr wirklich als Blau wahrgenommen wird - „Jeans“ gehören zu unserer Kleidung und es gibt kaum mehr eine Gelegenheit, bei der sie nicht als neutraler Bestandteil der Garderobe getragen werden. Und dennoch: Die Jeans ist gleichzeitig etwas besonders Persönliches und der Auswahl einer passenden widmen wir viel Zeit und Aufmerksamkeit. Diese Aufmerksamkeit geht für „Green Ground“ noch tiefer, denn das gute Stück aus Denim hat eigentlich eine interessante Geschichte zu erzählen. Und diese ziehen wir uns in nicht mehr ganz greifbarer Bedeutung auch mit jeder Jeans an.
Von den legendären Segeln des Columbus bis zur echten Cowboyhose

Wie kam es eigentlich, dass eine Hose so universell ist und doch als so individuell angesehen wird? Wir nehmen die Spur dieses amerikanischen Mythos auf und landen zunächst wieder im Europa des 16 Jahrhunderts. Hier ist der Beginn des „blauen Fadens“ dieser Geschichte festzumachen. Der Name „Jean“ lässt sich nämlich auf die italienischen Webereien in Genua zurückführen. Hier wurde der feste Stoff in unterschiedlicher Färbung für Kleidung, Säcke oder Segel für Schiffe hergestellt und vielleicht auch für die legendären Schiffe von Columbus. Somit erreichte der Stoff für viele Mythen zum ersten Mal die neue Welt, wobei aber die Geschichte der „Entdeckung“ der praktischen Arbeitskleidung aus Denim - statt des meist deckenschweren Leinengewebes - erst rund 400 Jahre später in Amerika ihren Anfang nimmt.

Blue Jeans-Renaissance

Aber zurück nach Italien, hier ist der „Blue Jeans“-Stoff bereits im 17. Jahrhundert gängige Bekleidung der ärmeren Bevölkerung. Es gibt Gemälde aus dieser Zeit - der unbekannte Maler wird bezeichnender Weise „Meister der Blue-Jeans“ genannt -  die diese Arbeitskleidung aus dem blauen genueser Stoff zeigen. Sie wurde wahrscheinlich bis zum völligen Zerschleiss getragen, was den heutigen Used-Look somit auch als eine modische Renaissance der historischen Alltagskleidung erscheinen lässt.

„Jeans“ ist also eine Herkunftsbezeichnung nach dem Ort der Erzeugung der Baumwolle oder eines Baumwoll-Leinen-Mischgewebes, die durch das Englische -  es herrschte reger Handel mit den robusten Stoffen zwischen Italien und England - oder auch durch das französische Wort für Genua („Genes“) ihre heutige Klangfarbe erhielt.

Für die blaue Farbe des Textils wurden die Garne mehrmals in einem Farbbad aus Indigo eingefärbt, einem Pflanzenfarbstoff zunächst aus dem in Europa verbreiteten Färberwaid und ab Mitte des 17. Jahrhunderts meist vermischt mit stärker färbendem Indigo aus Indien. Diese Farbe, die erst beim Trocknen im Licht blau wird, legt sich um das Garn, färbt aber nicht durch, womit sich das typische Auswaschen des Jeansstoffes erklärt. Mittlerweile wird Indigo fast ausschließlich chemisch-synthetisch hergestellt. Echte Indigofärbung ist selten.

The Master of the Blue Jeans Young Beggar with a Meat Pie Oil on canvas

The Master of the Blue Jeans Young Beggar with a Meat Pie Oil on canvas - 86 x 71 cm  Paris, Galerie Canesso Photo : Galerie Canesso

Denim - „Stoffe aus der Stadt Nimes"

Zur selben Zeit wurden auch in Frankreich beliebte und in andere Länder exportierte Stoffe hergestellt, in Webereien in Nimes. Daher lässt sich die zweite gebräuchliche Bezeichnung für die Stoffart ableiten: „Denim“.

Bei aller Ähnlichkeit der Stoffstruktur gab es aber dennoch einen Unterschied zwischen Denim und Jean. Denim wurde mit einem farbigen und einem weißen Faden gewebt und ist etwas schwerer und teurer als Jean, das mit gleichfarbigen Fäden gewebt wurde. Beide sind bereits im 18. Jahrhundert als strapazierfähige Männerkleidung weit verbreitet und werden auch in anderen Ländern produziert.

Von der unverwüstlichen Arbeitskleidung zum langlebigen Mythos

Ein Bayer namens Loeb Strauss, der sich in der USA in Levi Strauss umbenannte, entwickelte schließlich 1871 in San Francisco gemeinsam mit dem innovativem Schneider Jacob W. Davis die Produktion der praktischen, langlebigen Arbeitsbekleidung aus robustem blauen Denim. Die 1873 patentierte Nietenverstärkung machte diese Arbeitskleidung, zunächst als „waist overall“ bezeichnet, zur idealen Ausstattung der Mienenarbeiter. Die Hose aus Denim wurde bald auch die bevorzugte Kleidung der Cowboys und somit Träger des Mythos vom Wilden Westen, von Freiheit und Rebellion. Und dieser Mythos spielte wiederum ab den 50er Jahren in Europa zunehmend eine Rolle in der Bekleidung der Jugend: Jeans als Statement gegen Konventionen.

Quellenangaben:
http://lsco.s3.amazonaws.com/wp-content/uploads/2014/01/A-Short-History-of-Denim2.pdf
http://news.discovery.com/history/first-denim-mystery-solved-italian-art.htm
http://www.thearttribune.com/Il-Maestro-della-tela-jeans-Un.html

Zurück